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Die Vermessung der Nanowelt

Forscher etablieren einen Maßstab zur genauen Bestimmung von Abständen innerhalb einzelner Moleküle

Die blauen und roten Strahlen repräsentieren die 20 Institutionen auf der ganzen Welt, die blind Abstände innerhalb von DNS mit Ångström-Präzision gemessen haben. Eine der Proben DNS wickelt sich um den Globus, um Länder und Zeitzonen als Beispiel dafür zusammenzubringen, was Wissenschaft ohne Grenzen leisten kann. Die Farbstoffe werden als diffuse Wolken über der Oberfläche der DNA dargestellt. Entworfen von Hugo Sanabria und Nandakumar Chedikulathu Vishnu (Clemson University, SC, USA).

Eine weltweite Studie mit Beteiligung von 20 Laboren hat eine Methode etabliert und standardisiert, um exakte Abstände innerhalb einzelner Biomolekülen bis auf ein Millionstel der Breite eines menschlichen Haares zu messen (1 Nanometer = 10-9 Meter). Die neue Methode stellt eine wesentliche Verbesserung einer Technologie namens „Einzelmolekül-FRET“ (Förster Resonanz Energie Transfer) dar, bei der die Bewegung und Wechselwirkung von fluoreszenzmarkierten Molekülen auch in lebenden Zellen in Echtzeit überwacht werden kann. Bisher wurde die Technologie hauptsächlich zur Untersuchung von Veränderungen relativer Abstände verwendet werden – d.h. um festzustellen, ob sich Moleküle angenähert oder weiter voneinander entfernt haben. Prof. Dr. Claus Seidel vom Lehrstuhl für molekulare physikalische Chemie ist einer der leitenden Wissenschaftler der Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Methods veröffentlicht wurde.

FRET funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie Annäherungssensoren im Auto: Je näher das Objekt ist, desto lauter oder häufiger werden die Pieptöne. Statt auf Akustik zu setzen, basiert FRET auf abstandsabhängigen Änderungen des Lichts in Form der von zwei Farbstoffen emittierten Fluoreszenz und wird mithilfe empfindlicher Mikroskope detektiert. Die Technologie hat die Analyse der Bewegung und Interaktionen von Biomolekülen in lebenden Zellen revolutioniert.

Seidel und Kollegen stellten sich vor, dass nach der Etablierung eines FRET-Standards unbekannte Entfernungen mit großer Sicherheit ermittelt werden können. Durch die Zusammenarbeit der 20 an der Studie beteiligten Labore wurde die Methode so verfeinert, dass Wissenschaftler mit verschiedenen Mikroskopen und unterschiedlicher Analysesoftware die gleichen Abstandstände auch im Subnanometerbereich erhielten.

"Die absolute Abstandsinformation, die mit dieser Methode gewonnen werden kann, ermöglicht es uns nun, Konformationen in beweglichen Biomolekülen präzise zuzuordnen oder sogar deren Strukturen zu bestimmen." sagt Claus Seidel, der die Studie gemeinsam mit Prof. Dr. Thorsten Hugel (Universität Freiburg), Dr. Tim Craggs (University of Sheffield), und Prof. Dr. Jens Michaelis (Universität Ulm) leitete.

Solche dynamischen Strukturinformationen sind wichtig, um die molekulare Maschinerie, die die Grundlage des Lebens ist, besser zu verstehen.

Originalpublikation:

Hellenkamp, B., Schmid, S., Doroshenko, O., Opanasyuk, O., Kühnemuth, R., Adariani, S. R., Ambrose, B., Aznauryan, M., Barth, A., Birkedal, V., Bowen, M. E., Chen, H., Cordes, T., Eilert, T., Fijen, C., Gebhardt, C., Götz, M., Gouridis, G., Gratton, E., Ha, T., Hao, P., Hanke, C. A., Hartmann, A., Hendrix, J., Hildebrandt, L. L., Hirschfeld, V., Hohlbein, J., Hua, B., Hübner, C. G., Kallis, E., Kapanidis, A. N., Kim, J.-Y., Krainer, G., Lamb, D. C., Lee, N. K., Lemke, E. A., Levesque, B., Levitus, M., McCann, J. J., Naredi-Rainer, N., Nettels, D., Ngo, T., Qiu, R., Robb, N. C., Röcker, C., Sanabria, H., Schlierf, M., Schröder, T., Schuler, B., Seidel, H., Streit, L., Thurn, J., Tinnefeld, P., Tyagi, S., Vandenberk, N., Vera, A. M., Weninger, K. R., Wünsch, B., Yanez-Orozc, I. S., Michaelis, J., Seidel, C .A. M., Craggs, T. D., Hugel, T.

Titel: Precision and accuracy of single-molecule FRET measurements – a multi-laboratory benchmark study.

Nature Methods 15, 669–676 (2018)

DOI: 10.1038/s41592-018-0085-0

Kategorie/n: Chemie Aktuelles, Chemie-MPC-Publikation
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